Karen
Wynn Fonstad
Historischer Atlas von
Mittelerde
Vollständig überarbeitete
Ausgabe
Übersetzt von Hans
J. Schütz
Vierte Auflage, 1996
© Klett-Cotta, Stuttgart,
1994
202 Seiten (Inhalt), gebunden
| 25,50 EUR | ISBN 3-608-93237-2
Eine gigantische imaginierte Welt wie J.R.R.
Tolkien’s Mittelerde ist ohne Anschauungsmaterial in Form von Karten kaum
zu erfassen. Deshalb liegen dem Herrn der Ringe auch Übersichtskarten
bei, die als erster Anhaltspunkt und Gedankenstütze vollends genügen.
Wer jedoch nur etwas tiefer in diese mit am berühmteste Sekundärwelt
eintauchen und Mittelerde erforschen möchte, braucht einen guten Führer
– und Fonstad’s Historischer Atlas ist ein solcher.
Das edle, großformatige Buch stellt
das kartographische Standardwerk zu Tolkien’s Werken dar und verdeutlicht,
wie detailliert diese Welt erschaffen wurde.
Alle Zeitalter mit ihren geographischen
Umwälzungen werden ausführlich dargestellt, dazu gibt es immer
erläuternde Texte, anhand derer man zum einen die Geschichte des Abgebildeten
kompakt erfahren, zum anderen die Quellen für die Karten in Form von
Buchzitaten nachvollziehen kann.
Neben den großen Übersichtskarten
gibt es sehr viele im kleinen oder Kleinstmaßstab, die Gebiete wie
das Auenland und vor allem wichtige Bauwerke und Orte darstellen; so gibt
es Querschnitte von Minas Tirith und dem „Tänzelnden Pony“ als auch
Lagepläne von Hobbingen und Moria. Diese Karten stellen auch den Großteil
des Materials dar, das aber noch Schlachtpläne und Truppenbewegungen,
Reiserouten und thematische Karten (Klima, Vegetation u.a.) enthält!
Abgerundet wird dieses faszinierende Werk
von Anmerkungen aus diversen Publikationen, einer Auswahlbibliothek und
einem ausführlichen Namensregister.
Den hervorragenden Gesamteindruck schmälern
nur einige Karten, die infolge der von Hand gezeichneten Zweifarbigkeit
(Schwarz/Rot) manchmal ein wenig unübersichtlich sind; hier könnte
moderne Computerkartographie einiges verbessern, wodurch dann natürlich
der „historische“ Stil des Buches verloren ginge. Auch sind einige wenige
der „offiziellen“ Karten besser gelungen als Fonstads; dafür ist ihr
Werk angenehm fehlerfrei (dank Tolkien-Experte Hans J. Schütz), auch
wenn es nicht mehr auf dem allerneuesten Stand ist: Die Bände zehn
bis zwölf der History of Middle-Earth sind unberücksichtigt.
Letztendlich kann jedem Fan nur der Kauf
geraten werden, eine bessere Alternative gibt es nicht und braucht es nicht
geben!
Wolfgang
Krege
Handbuch der Weisen von
Mittelerde
© Klett-Cotta, Stuttgart,
1996
226 Seiten (Inhalt), gebunden
| 25,50 EUR | ISBN 3-608-93215-1
Wolfgang Krege gehört zu Deutschlands
renommiertesten Tolkien-Kennern und hat mittlerweile fast alle dessen Werke
ins Deutsche übertragen; besonders nach der umstrittenen und im Geiste
der Geschichte misslungenen Neuübersetzung des Herrn der Ringe
kam Krege ins Gerede.
Sein Handbuch stammt jedoch aus
früheren Jahren, obwohl es seit 2001 nach der Neuübersetzung
eine aktualisierte Auflage gibt, die jedoch nicht vorlag und auch „nur“
Kreges neue Bezeichnungen und Namen ergänzt.
Hinter dem etwas hochtrabenden Titel verbirgt
sich ein handwerklich gelungenes Buch im Großformat, das mit gediegenem
Layout (mit Ausnahme des Schutzumschlags!) und großer Fehlerlosigkeit
den Leser erfreut. Inhaltlich erklärt das Nachschlagewerk die wichtigsten
Begriffe aus Tolkien’s Welt, ohne jedoch Anspruch auf Vollständigkeit
erheben zu können; als erklärende Gedankenstütze für
Leser des Hobbits oder des Herrn der Ringe leistet es jedoch
gute Arbeit.
Herausragend sind die vielen Illustrationen
von Tolkien persönlich und die Karten, die aus den Büchern, aber
auch aus Fonstad’s Atlas entnommen wurden.
Ebenso wie seine oben erwähnte Neuübersetzung
ist jedoch auch sein Lexikon nicht anstandslos aufgenommen worden: Friedhelm
Schneidewind stört sich z.B. an der zu kritik- und distanzlosen Übernahme
mancher Darstellungen zu Abstammung und Rasse der Charaktere Tolkiens (Das
große Tolkien-Lexikon), und auch einige Buchfans können
schwerlich über Kreges persönliche Kommentare wie zu Éowyn
schmunzeln, die „nicht bereit gewesen wäre, für ihn [Aragorn]
Fahnen zu stricken“ (S. 60).
Bei seinem Erscheinen war dieses Buch
auf dem deutschen Markt einzigartig, doch mittlerweile gibt es ausführlichere
und umfassendere Werke zum Thema, wenn auch das Handbuch dadurch
nicht obsolet wird.
Friedhelm
Schneidewind
Das große Tolkien-Lexikon
Von „Roverandom“ bis zum
„Silmarillion“, vom „Kleinen Hobbit“ bis zum „Herrn der Ringe“ – eine phantastische
Reise durch die Welt des John R. R. Tolkien
© Lexikon Imprint Verlag,
Berlin, 2001
830 Seiten (Inhalt), broschiert
| 25,- EUR | ISBN 3-89602-298-9
Friedhelm Schneidewind ist kein „offizieller“
Tolkien-Experte, dafür aber begeisterter und langjähriger Fan,
wodurch sein Lexikon zum Œuvre des Fantasy-Altmeisters neue Perspektiven
eröffnet.
Davor steht jedoch ein Layout in Rohform
und ein Titelbild, das dem von Wolfgang Kreges Handbuch große
Konkurrenz im Bereich der Kundenabschreckung macht – auffällig sind
aber beide; das Lektorat für dieses Buch ist leider, wie bei fast
allen Produkten aus dem Lexikon Imprint Verlag, genauso unsichtbar
wie Sauron, was man alsbald in Rechtschreib- und Verweisfehlern feststellen
darf. Wenn man diese Dinge verwunden hat und im gewaltigen Tolkien-Lexikon
zu blättern beginnt, kann man schon wieder die Nase rümpfen:
Anstatt stimmiger Originalzeichnungen wie im Handbuch darf man großflächige
Illustrationen von Schneidewinds Frau Ulrike, die auch den Umschlag gestaltete,
und wohl Kleinkind (!) Helen bestaunen, denen man bestenfalls eine gewisse
expressive Ausdruckskraft attestieren könnte.
Sollte das voluminöse Werk jetzt
noch nicht aus ästhetischen Gründen in einer Ecke fallengelassen
worden sein, lernt man schließlich die inneren Qualitäten kennen:
Schneidewind erklärt deutlich mehr Begriffe – wenn auch nicht immer
ausführlicher – als Krege (auch dessen Neuübersetzungen) und
löst sich vor allem von den Buchvorlagen. Er beschreibt Tolkien’s
Leben und Familie, seine Vorlagen und Inspirationen in Form verschiedenster
Volkssagen (illustriert mit mehr oder weniger passenden Abbildungen, aber
nicht von Ulrike und Helen), er bietet weitergehendes Hintergrundwissen
zu relevanten Themen wie Rassismus oder Vampirismus an, er berücksichtigt
frühere Formen und Namen von Tolkien’s auch weniger bekannten
Werken und führt endlich auch ausführlich die englischen Originalbezeichnungen
auf. Desweiteren blickt er über den Tellerrand der Bücher und
beschreibt Übersetzter, Sekundärliteratur, Spiele, Merchandising,
Musik, Fanclubs u.v.m. Auch Peter Jackson’s opulente Neuverfilmung
wird inklusive der wichtigsten Schauspieler aufgeführt, auch wenn
das Buch vor dem Kinostart 2001 des ersten Teils erschien. Für Interessierte
der Welt um Tolkien ist dieses Buch damit unentbehrlich!
Zwei kleine, jedoch negative Punkte müssen
noch erwähnt werden: Wörter aus Tolkien’s Sprachen stehen
mit Übersetzung nicht gesondert und einmalig versammelt wie im Handbuch,
sondern normal in der Schlagwortsortierung, was eine umgekehrte Suche unmöglich
macht. Zum Anderen wird jedes Wort, welches einen eigenen Eintrag hat,
mit einem zu langen Verweispfeil gekennzeichnet, der besonders längere
Texte stark zerstückelt und schwerer lesbar macht.
Insgesamt jedoch aus den weiter oben genannten
Punkten sehr empfehlenswert, zumal der Autor auf seiner Homepage Incantatio
Aktualisierungen, Ergänzungen und Korrekturen anbietet und das Buch
selbst noch mit ausführlichen Anhängen glänzt.
Robert
Foster
Das große Mittelerde-Lexikon
Ein alphabetischer Führer
zur Fantasy-Welt von J.R.R. Tolkien
Übersetzt, bearbeitet
und ergänzt von Helmut W. Pesch
Erste Auflage, Dezember
2002
© Bastei Lübbe,
Bergisch Gladbach, 2002
810 Seiten, Taschenbuch
| 10,- EUR | ISBN 3-404-20453-0
Das letzte der hier vorgestellten Bücher
ist sowohl das jüngste als auch das älteste: Die deutsche Erstausgabe
beruht auf dem legendären Standardwerk The Complete Guide to Middle-Earth
aus den Siebzigern, mittlerweile jedoch hoffnungslos veraltet. Somit ist
die Bearbeitung durch den Fantasy- und Tolkien-Experten Helmut W. Pesch
absolut nötig gewesen, katapultiert das Werk aber auch sogleich wieder
an die Spitze der deutschsprachigen Nachschlagewerke. In handlicher Form
lässt das übersichtlich gestaltete Buch wohl keine Fragen zu
Begriffen, Namen und Orten aus Mittelerde offen. Auch lexikalisch gibt
es sich keine Blöße: Querverweise, besonders aber Lebensdaten
und Quellenangaben sind fast immer ausführlich vorhanden, was in den
beiden anderen Lexika nicht immer der Fall ist; leider fallen auch in diesem
Werk ein paar Rechtschreibfehler auf. Längere Einträge werden
nicht durch Verweispfeile unterbrochen, die Hinweise auf Wolfgangs Kreges
Neuübersetzung sind geschickt eingearbeitet. Das Buch ist jedoch thematisch
eng gefasst, weitergehende Informationen wie bei Schneidewinds
Tolkien-Lexikon,
Karten und Illustrationen von Tolkien wie in Kreges
Handbuch oder
Angaben zur Übersetzung gibt es nicht. Dafür entschädigen
lange Anhänge mit Chronologien und Stammbäumen, die sich hervorragend
mit den Appendizes des Tolkien-Lexikon ergänzen.
Als reines Mittelerde-bezogenes Nachschlagewerk
ganz klar die Referenz, noch dazu mit einem atmosphärischen Titelbild
versehen und sehr günstig.
Fazit:
Alle vorgestellten Bücher sind ihr
Geld wert! Man kann alle besitzen, zumal sich die drei Lexika sogar noch
oft hervorragend ergänzen (und wenn es nur um eine subjektive Meinung
geht).
Möchte man über Mittelerde umfassend
informiert werden, gehören der Atlas und das Mittelerde-Lexikon
zur Grundausstattung. Für einen eher groben, nicht so umfassenden
Überblick genügt das Handbuch mit seinen integrierten
Karten. Geht das Interesse über Mittelerde an sich hinaus, führt
kein Weg am Tolkien-Lexikon vorbei. |