Ein Erlebnisbericht zur zweiten
deutschen Computer- und Videospielmesse in Leipzig.
Fr., 22.08.03 – The Day Before Die "Fellowship of the Con" bestand aus drei Heroen, aus dem Heereslager von HomiSite.com entstammten der Dämlord und meine Wenigkeit. Die Reisevorbereitungen hatten sich hingeschleppt, auch wegen des unmittelbar im Vorfeld der Messe stattfindenden Fantasy Filmfests in Hamburg. Schließlich konnte Dämlord aber noch eine Unterkunft in einer preiswerten Pension auftun, die wir ab sofort "Zum Tänzelnden Sachsen" nennen. Auch der Preisfaktor Bahnfahrt wurde zufriedenstellend gelöst; zwar gab es keine Plan&Spar-Kontingente mehr, aber auch ohne kamen wir drei dank des neuen Mitfahrerrabatts mit nur einer "BahnCard 50" für 190 EUR statt 390 EUR nach Leipzig und zurück! Um kurz vor 16:00 bestiegen wir im Hamburger Hauptbahnhof dann den ICE bzw. erst einmal nur Dämlord und Sam, äh..., Christian, denn ich war noch auf Einkaufstour. Kurz darauf hetzten wir dann aber alle durch den Zug, ich mit einer Pizza in der Hand, die anderen mein Gepäck tragend, auf der Suche nach Sitzplätzen – Reservierungen hatte ich eingespart. Schließlich ließen wir uns in einem geräumigen Einstiegsbereich nieder und konnten, weil neben uns auch die Schaffnerkabine lag, live miterleben, wie eine Toilette nach der anderen im Zug ausfiel. In Berlin stiegen zum Glück viele Reisende aus und wir ergatterten eine Sitzgruppe mit Tisch und ließen das Fantasy Filmfest mit einer The Texas Chainsaw Massacre-DVD in Chris‘ Laptop ausklingen. Schließlich erreichten wir Europas größten Kopfbahnhof und schlugen uns auf dem Vorplatz mit den Bus- und Straßenbahnlinien herum, nachdem wir eines Besseren belehrt Platzreservierungen für die Rückfahrt getätigt hatten. Zwar fanden wir nach Rückruf bei der Pension irgendwann unsere Linie, verpassten jedoch knapp den Bus, weil wir noch Karten am Automaten ziehen mussten. Die Auszeit nutzten wir dann für eine Fast-Food-Stärkung im überfüllten McDonald’s. An diesem Abend schien wohl ein Gothic-Event stattzufinden, denn derart aufgetakelte Jugendliche waren überall! Ziemlich obskur, diese sächseln zu hören... Die Fahrt zum “Tänzelnden Sachsen” ging dann über holprigstes Kopfsteinpflaster, was nicht allzu vorteilhaft war angesichts der just zurückliegenden Burger-Speisung. Zum Running Gag wurden derweil die "Blühenden Landschaften", denn viele Häuser, an denen wir vorbeifuhren und später zur Pension -gingen, waren ausgebrannte Ruinen – unsere Behausung war dagegen ein Fels in der Brandung: Drei Betten, drei Stühle, zwei Schränke, ein Tisch und ein Fernseher fanden wir nach der Anmeldung in unserem Zimmer vor. Frohen Mutes warf ich mich dann ein wenig zu schwungvoll aufs Bett und lag Sekundenbruchteile später samt Matratze auf dem Fußboden – die Latten hatten sich gelöst und es dauerte rund zehn Minuten, bis wir alles wieder instandgesetzt hatten. Dann wurde Dämlords PlayStation 2 aufgebaut und zünftig Pro Evolution Soccer und Vice City gedaddelt! Das Bad mussten wir uns mit zwei weiteren Drei-Bett-Zimmern teilen, was zumindest heute Abend noch kein Problem war. Und da unser Zimmer zur Straße hin lag, konnte man später dann noch rasende Autos und vor allem schnatternde Jugendliche hören. Die Handys hatten wir auf 07:30 gestellt, da die Messe um 10:00 ihre Tore öffnete. Jedoch waren wir alle schon vorher wach, und der Dämlord nutzte die Gunst der frühen Stunde und entschlüpfte ins Bad. Mit einem charmanten Türklopfen und "Dauert’s noch lange?!" wurde er von dort durch eine Zimmer-nachbarin verscheucht – und das Bad war für uns bis 08:00 verschlossen. Wir schafften es rechtzeitig um 08:30 zum Frühstück, das man zwar nicht als üppig oder übermäßig lecker bezeichnen konnte, aber den Hunger zu stillen vermochte. Außerdem konnte man die übrigen Gäste beäugen: mindestens eine Handvoll anderer Gruppen verdächtiger Jugendlicher, die seltsamerweise über Konsolen und PCs sprachen... Dämlord regte sich derweil über einen älteren Herren auf, der ultrakurze blaue Jeans-Shorts trug. Wir folgten hiernach der Jugend zur Bushaltestelle und wollten dann bei der Busfahrerin Tickets lösen. Bevor wir uns über ihren entnervten Stöhnlaut und das Augenverdrehen wundern konnten, sahen wir, dass man sich die Fahrkarten eigentlich am Automaten im Bus besorgt. Wir fuhren dann die Holperstrecke zurück zum Hauptbahnhof und stiegen dort um in die Tram zum Messegelände. Langsam stieg die Euphorie, und schließlich
standen wir vor der imposanten Glaskuppel der Zentralhalle – Erinnerungen
an die Buchmesse im Vorjahr kamen mir hoch. Die Menschenmassen – Kiddies,
Nerds und andere "Fachbesucher" – drängten sich an den Kassen, die
auch unser nächstes Ziel waren. Lustigerweise wurde mein längst
abgelaufener Schülerausweis keines Blickes gewürdigt und ich
bekam ohne Probleme die ermäßigte Tageskarte (7 EUR statt 10
EUR). Der nächste Gang führte uns zu einem "Bändchen-Point",
an dem man sich die Armbänder zur Altersidentifizierung besorgt. Wir
fühlten uns mit unseren roten Bändern gleich viel besser, als
wir all die vielen Grün- und Blauträger sahen.
Konkrete Ereignisse verschwammen von nun an unter dem Impressions-Overkill an Standbauten, flimmernden Bildschimen, drängelnden Besuchern, Messe-Babes, Stimmungsmachern und der enormen Lautstärke. Das Adrenalin durchflutete unsere Körper und sorgte dafür, dass wir den ganzen Tag nur mit einigen Cola-Rationen überstanden. Erst am Nachmittag hatten wir einen Überblick gewonnen, was wir uns näher anschauen wollten und trennten uns – die Gemeinschaft zerbrach. Als wir schließlich wiedervereint waren – einen Großteil der Zeit hatten wir jeweils mit Anstehen verbracht – entschlossen wir uns, die langen Schlangen heute zu meiden und dies morgen früh in Angriff zu nehmen. Um 20:30 verließen wir die geheiligten Hallen und fuhren verschwitzt und ermattet zurück. Als uns unsere geschundenen Füße aus dem Bus trugen, mussten wir noch eine problembeladene Teenie-Schlampe ertragen: "Jädsd hab i koine Mudda mähr." Nachdem wir uns zurück in der Pension etwas erfrischt hatten, begutachteten wir unsere Beutestücke – wenige und vor allem uncoole Shirts, einige alte Konsolenzeitschriften und diverse PS2-Demos. Nach einer kurzen Einführung in SOCOM musste ich meinen treuen Gefährten erst einmal zeigen, wo der Hammer in SoulCalibur 2 hängt – Dreamcast hat sich also ausgezahlt –, während vorm Fenster wieder die "Dorfjugend" palaverte. Nachdem uns dann der Schlaf im Anschluss an filmtheoretische Gespräche übermannt hatte, wurden wir erneut geweckt: Unsere Zimmernachbarn schienen ihren Haustürschlüssel verloren zu haben und saßen auf der Straße. Anscheinend wussten sie auch nicht genau, wo ihr Zimmer lag, denn sie erwägten gar, durch unsere auf Kipp stehenden Fenster einzusteigen... So., 24.08.03 – The Show Must Go On Bezüglich des Morgens gibt es wenig neues zu berichten: wir checkten aus, verwahrten unsere Sachen am Hauptbahnhof in einem Schließfach (kein sperriger Schlüssel, dafür Chipkarte) – Chris leerte hierzu seinen Rucksack und sah dabei aus, als ob das Fach sein Zuhause wäre – und fuhren wieder hinaus aufs Messegelände. Schon bei unserer Ankunft bemerkten wir, dass es heute deutlich leerer sein würde. Nachdem wir uns die Rückfahrzeiten der Straßenbahn eingeprägt hatten, warfen wir uns ins Getümmel. Mit als erstes stellten wir uns am Activision-Stand an, um True Crime zu zocken, denn man sollte dort T-Shirts bekommen. Aber leider Pech gehabt, die Behauptung des Personals vom Vortag war falsch und alle Shirts waren schon längst weg. Na ja, ein Poster bekamen wir statt dessen. Danach ging es gleich zur Nachbarschlange, Tony Hawk’s Underground war angesagt. Am Vorabend hatte ich meinen Bruder, der Tony Hawk’s seit dem ersten Teil spielt, extra angerufen, um mir Tipps für möglichst viele Punkte geben zu lassen – für 350.000 gab’s nämlich ein Shirt! Leider lief das Spiel nur auf Xboxen mit den klobigen Original-Controllern, bei denen man immer alle Feuerknöpfe auf einmal oder zumindest nie die richtigen drückt: jeweils um die 15.000 Punkte waren unsere mageren Ausbeuten, wofür man aber zumindest ein Poster, Sticker und ein Polaroid-Foto bekam. Legendär war in diesem Zusammenhang ein jugendlicher Zocker, der völlig routiniert und quasi im Vorbeigehen, als ob er die von ihm demonstrierte "coole" Pose schon ein Dutzend Mal gemacht hätte, das Foto-Shooting hinter sich brachte. Der Dämlord hatte derweil in Erfahrung gebracht, dass die große Atari-Show um 14:00 losging. Bis dahin hatten wir noch eine Menge Zeit und suchten schließlich wieder den Nintendo-Stand auf, um uns dort einen GBA SP auszuleihen. Zum einen bekam man dafür ein cooles Shirt, zum anderen konnte man sich für eine Verlosung qualifizieren, wenn man eine bestimmte Aufgabe im ausgeliehenen Spiel schaffte. So setzten wir uns auf eine kleine Tribüne und versanken in unser Spiel – trotz enorm lauter Musik und vibrierender Bässe. Zwischendurch fand dann mal wieder die "Nintendo Game Show" mit MTV-Patrice und "Giga"-Carsten statt, aber wir zockten – obwohl die Aufgaben bei allen drei Spielen schon fast geschafft waren (die Spielstände wurden nicht gelöscht). Als wir dann unsere Shirts abholen wollten, gab’s die nächste Enttäuschung: Auch alle weg! Ab da an liefen wir nur noch von Menschentraube zu Menschentraube, um in die Crowd geworfene Give-aways abzusahnen. Ich hatte leider immer Pech, aber meine Mitstreiter hatten ein glücklicheres Händchen – besonders dann am Atari-Stand, wo der Dämlord tatsächlich eines der begehrten Shirts absahnte (wenn auch "nur" mit dem Aufdruck "Dream", hehe). An diesem Stand sah man auch sehr schön die um sich greifende rücksichtslose Raffgier, denn einer der Besucher sprang für eine schlichte Cap hoch in die Luft und versetzte seinem Nebenmann kurzerhand einen Elbow Check! Doch am Stand gab es nicht nur viele Atari-Babes, sondern auch Security, die den Wüterich energisch um seine erbeutete Schirmmütze und seinen Platz in der Menge brachte. Bei der parallel stattfindenden Nintendo-Verlosung gewannen wir natürlich nichts und machten uns auf den Heimweg. Da der Dämlord noch im Shirt-Rausch war, bezogen Chris und ich Stellung am vereinbarten Treffpunkt. Irgendwie musste dann aber unser Atari-Shirt-Besitzer an uns vorbeigeeilt sein, was auch daran gelegen haben könnte, dass zwei absichtlich englisch sprechende Nokia-Mitarbeiter (deutsche Namensschilder!) uns zu einer Tony Hawk’s-Partie fürs N-Gage aufforderten (konnte man besser steuern als auf der Xbox...). Glücklicherweise trafen wir uns an der Tram-Haltestelle wieder, holten am Hauptbahnhof dann unser Gepäck ab bzw. warteten auf Chris, bis er Fön und Zahnputzzeug wieder verstaut hatte, besorgten uns "Lembras" bei McDonald’s und... warteten auf unseren ICE, der 30 min Verspätung hatte. Nachdem man einige Messe-Babes wiedererkannt hatte, fuhr auch der Zug ein. Die Rückfahrt verlief ohne größere erwähnenswerte Zwischenfälle, außer dass sich einige Fahrgäste natürlich recht ausfallend über die Verspätung mokieren mussten. Zurück in Hamburg zerbrach die Gemeinschaft dann endgültig – bis zum 19.08.04 dann... Vom Unterhaltungs- und Schauwert her ist die Messe grandios gewesen, jedoch kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Games Convention als Consumer-Messe eher weniger für kompetente Vorabinformationen geeignet ist. Folglich gab es oft zu wenig PCs und Konsolen zum Probespielen, während die Showflächen nicht selten riesige Ausmaße annahmen! Wirklich vorbildlich waren hierbei aber der Sony- und Nintendo-Stand, obwohl es an letzterem recht eng wurde – was auch daran lag, dass die Halle 3 wirklich voll war (nächstes Jahr deshalb vielleicht drei Hallen?!). Auch fachkundiges Standpersonal war den "Animateuren" und Messe-Babes zahlenmäßig haushoch unterlegen. Schließlich ist noch es schade gewesen, dass die "Ab 18"-Bereiche nur knapp bemessen und am Sonntag viele Give-aways schon ausgegangen waren. Alles in allem aber ein tolles Wochenende!!! Nächstes Jahr werden wir versuchen, uns im voraus mehr über die präsentierten Spiele zu informieren und nicht so viel herumzusuchen. Und wir werden eine Videokamera oder zumindest einen guten Fotoapparat mitnehmen; diese Einweggeräte sind ja wirklich grausig... |